Das erste von zwei primären Konzepten im Bereich Malerei befasst sich mit globalen Konflikten und Wahrnehmungen, die auf mediensoziologischen, politischen, militärischen und psychologischen Ebenen betrachtet und verarbeitet werden. Dabei werden auf der einen Seite reale Begebenheiten reflektiert, auf der anderen Seite wird der Aspekt des medial erlebten Krieges und Konfliktes als metaphorische Plattform verwendet, wobei die Widerspiegelung und Gegenüberstellung des subjektiv erlebten Konflikt-Potenzials ebenfalls im Vordergrund steht. Eine Thematik mit all ihren Rhizomen und metaphorischen Konstrukten, die in der gegenwärtigen Arbeit des Künstlers behandelt und befragt wird, auch nach ihrer Kausalität.

Die Frage nach Definition, Modus und Position von Konflikt, Kampf und kriegerischem Handeln wird gestellt, wobei zum Beispiel konventionelle Bezugsräume verfremdet werden, neue geschaffen werden und eine Reflexion von Grundlagen, Dualität, Kausalität sowie der individuellen Identität thematisiert werden soll. Symbolische Komponenten spielen dabei eine große Rolle. So wird beispielsweise der D-Day als eine mögliche Metapher für Befreiung, Rettung verwendet, oder ein Brandzeichen als Sinnbild eines allgemeingültigen, in seiner Definition und Dimension nicht festgelegten Konfliktes. Dabei werden teilweise auch verschiedene Techniken gleichzeitig verwendet und vereint, zum Beispiel Malerei-Elemente sowie Collage, Schrift, Graphik, Schablone und Grafitto.

In den Arbeiten »Threshold View A« und »Threshold View B« zum Beispiel sind zwei unabhängige, aber dennoch unweigerlich miteinander verbundene Phänomene dokumentiert, die als spezifische Vertreter des zeitgenössischen Bildes des 21. Jahrhunderts, medial und global, mit unverwechselbarer und nicht vergleichbarer Ikonozität zu betrachten sind.

Des Weiteren werden Handlungen, die global passieren und dokumentarisch als entfernt betrachtet werden, in ungewohnte Positionen verlagert, was sich wechselseitig in Banalität und Provokation äußert und dennoch ein zeit- und ortsunabhängiges, psychologisch-soziologisches Alltags-Phänomen reflektiert. Es geht darum, eine undimensionierte Disposition einer geistigen Empathie zu entwickeln. Dabei wird die Authentizität der eigenen Identität des Künstlers auf metaphorische Weise durch das Dargestellte integriert, reflektiert und analysiert. Dabei findet eine Gratwanderung statt zwischen einer zweifelhaften Form der Trivialität in primärer Instanz und einer nachhaltigen existenziellen Authentizität und Tiefe. »Ich habe keine Heimat. Ich habe nur Stützpunkte und Zufluchten« (Freytag).

Die Frage nach einem definierten Stil bleibt offen; Kennzeichen ist eher ein breites Spektrum an Komponenten, zum Teil auf eklektizistische Weise eingesetzt, die in Abhängigkeit vom jeweiligen Konzept be- und entstehen, sowie das bewusste Zulassen eines unbestimmten Betrachtungsspielraumes. Dabei ist die Arbeitsweise themenbezogen- und orientiert, was sich somit in Form verschiedenster Mittel und Facetten äußert.

Im zweiten primären Konzept im Bereich Malerei mit dem Titel »The Breasts« geht es um die Kombination von anatomischer Sachlichkeit und ursprünglicher bzw. natürlicher Ästhetik. Dabei wird jeweils eine Seite der weiblichen Brust als immer gleicher Ausschnitt frontal gezeigt, während sie sich von der Übersättigung durch inflationäre Medien abhebt, indem sie sich von einem nahezu immer gleichen, vermeintlichen Standard bzw. Ideal entfernt und sich stattdessen in ihrer authentischen, individuellen Ästhetik zeigt. Das bezieht sich ebenso bewusst auf vielfältige Elemente und Merkmale, die in der Regel unverständlicherweise als Schönheitsfehler und Makel betrachtet werden. Durch die Vorgehensweise im Konzept »The Breasts« soll die Selbstverständlichkeit und immerwährende Wertigkeit und Anziehungskraft des weiblichen Merkmals formuliert werden, anstatt sich dem Widerspruch zwischen der alltäglichen Übersättigung aber gleichzeitigen Entfernung von Wertigkeit und Bedeutung dieses ikonografischen Sinnbildes weiterhin zu unterwerfen.

Ein weiteres Konzept aus der Vergangenheit ist die offene Serie »Neue Kompositionen« (hier nicht zu sehen). Diese kennzeichnet sich durch einen graphisch strengen, konstruktivistisch erscheinenden Stil, in dem der statischen, technisch-steril wirkenden Graphik eine Gegendimension durch Farbe und Fläche entgegengesetzt wird. Die dabei entstehenden Konstellationen erscheinen wie Gegenständlichkeiten und Beziehungen in einer Endstufe von Reduktion und Pixelung, was einen zielgerichtet offenen Assoziationsspielraum entstehen lässt.

Zum Bereich Video aus der Vergangenheit gehören Video-Installationen, wie z.B. »TV-Shooters« von 1996/1997 oder »need a new war / need a new religion« von 1998/1999 und Filme wie »Feldstudie« sowie »Übung/Exercise« und »Solo« aus dem Jahr 2002. In diesen Filmen geht es um Auseinandersetzung mit symbolischer Ritualisierung im Zusammenhang mit religiösen bzw. politischen und psychologischen Quellen, sowie um Fragen nach Authentizität und Identität in Verbindung mit Indoktrinierung.

Daniel Freytag lebt und arbeitet in Berlin.

 

 

Revolution - Politische Perspektiven - von Hendrikje Warmt, M.A., Berlin 2011

In seinen Arbeiten setzt sich Freytag vor allem mit zeitbezogenen politischen Themen auseinander, die er anhand von interessanten Oberflächenstrukturen gestaltet. Collagen, Fotografien, Schriftzüge sowie Zeichnungen sind auf seinen erzählenden Werken zu finden, notizbuchartige Gedanken und Bildfolgen, die sich erst bei genauerer Betrachtung zu einem Ganzen zusammensetzen und sinnvoll ergänzen. Beobachtungen und Zustände den existentiellen Fragen einer koexistierenden Weltgemeinschaft nachgehend, wählt Freytag politische Bildmotive, die Fragen aufwerfen und um eine Sensibilsierung ringen. Das Bild soll das Denken nicht ersetzen, aber ihm auch nicht aus dem Wege gehen; es soll der Notwendigkeit des Denkens durch jene leidenschaftliche Analyse der Wirklichkeit Ausdruck verleihen, die eben mit künstlerischen Mitteln geleistet werden kann.

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